Freund, Wieland: Krakonos
ISBN 978-3-407-82322-9
2017, Beltz & Gelberg
In einer hochtechnisierten Einrichtung stoßen die Brüder Nik und Levi auf einen Raben, der sich erst in einen Mann und dann in Levi verwandelt. Der zehnjährige Naturliebhaber Levi ist begeistert von dem Gestaltwandler. Doch dieser ist in Gefahr und die Jungen helfen Krakonos bei der Flucht.
Die Beziehung zwischen den unterschiedlichen Brüdern wird zu Beginn deutlich dargestellt, damit ist für die Motivation der Flucht der Grundstein gelegt. Allerdings sind alle Charaktere sehr flach gezeichnet, man erfährt kaum etwas über ihre Hintergrundgeschichten und das Konfliktpotenzial unter den Charakteren wird wenn nur angedeutet, aber nicht wirklich genutzt.
Für ein Kinderbuch, finde ich, wird der Gestaltwandler Krakonos nicht ausreichend definiert. Das eventuell bekannte Wort Rübezahl wird als Schimpfwort verwendet. Fähigkeiten, wie die Kontrolle des Wetters und des Gestaltwandelns, werden ihm bescheinigt, allerdings erhält man widersprüchliche Informationen über das Wesen. Mir hat folglich eine exakte Definition gefehlt, zwar kann ich mit dem Begriff Rübezahl etwas anfangen, kannte aber die Geschichten dahinter bisher (immer noch) nicht.
Nicht deutlich wurde für mich weiterhin der Zweck der Mythobiologie bzw. Mythobiologen. Sie existieren, sie stellen eine Art wissenschaftlicher Geheimbund dar, aber was machen sie sonst außer über die fast verschwundenen Wesen wie Krakonos zu wachen? Wie kann Emma – eine Studentin der Mythobiologie und zweite Protagonistin – überhaupt Mythobiologie studieren, wenn das so geheim ist? Für mich sind folglich diese und weitere Zusammenhänge und Fragen offen geblieben, die ich gerne für das Verständnis dieser „Welt“ gehabt hätte.
Der Gegensatz zwischen dem technisierten Unternehmen, in dem die Jungen aufwachsen, und der Natur, in die sie mit Krakonos entfliehen, ist extrem. Erst gegen Ende habe ich allerdings verstanden, wie diese beiden Welten zueinanderspielen und nur im Gesamten einen Sinn ergeben. Zu Beginn erscheint dieses hochtechnisierte Unternehmen, in denen Eltern keine Rolle spielen und die Kinder eigentlich auf sich selbst gestellt sind (Lehrer und Erzieher treten nicht auf), sinnlos. Es wäre einfach nicht notwendig gewesen für die Handlung.
Erst kurz vor Schluss hat mich das Kinderbuch dann doch noch gefesselt, vor allem wenn die einzelnen Stränge, der Sinn der Welten deutlich wird und die Gefahr durch die Verfolger immer näherrückt. Ich weiß jedoch nicht, ob ich als Kind (Zielgruppe 11-13) bis dahin durchgehalten hätte, da der Anfang doch sehr langweilig war und ob ich die Message, die ich als junge Erwachsene herausgelesen habe, auch als Kind gefunden hätte.
Alles in allem hat der spannende U4 Text nicht das gehalten, was ich erwartet hatte. Erklärungen der Welt und Krakonos waren mir zu dürftig, genauso wie die flachen und konfliktscheuen Charaktere. Die Spannung, weiterzulesen, kam erst die letzten fünfzig Seiten auf, zuvor habe ich immer nur sporadisch ein oder zwei Kapitel gelesen.
Franzi, 22 Jahre