Holly Black: Der Prinz der Elfen
cbt Verlag
ISBN 978-3-570-16409-9
2017
Hazel und ihr Bruder Ben leben gemeinsam mit ihrer Familie in einer kleinen Stadt namens Fairfold am Rande eines magischen Waldes, in dem der Erlkönig und weitere furchteinflössende Wesen ihr Unwesen treiben.
Doch auch befindet sich in eben diesem Wald ein gläserner Sarg in dem ein unbeschreiblich schöner junger Mann mit Hörnern schläft und dies, so wird sich seit Generationen erzählt, schon seit vielen Jahren.
Doch plötzlich verschwindet der Schöne aus dem Sarg und niemand weiß wohin. Zugleich wacht Hazel am selben morgen auf, verschmutzt und verschrammt – und bald werden sie und alle, die mit der Welt im Wald zu tun haben, merken, dass ihnen eine schwierige Aufgabe bevor steht und der Kampf nicht allzu lange auf sich warten lassen wird…
So bevor ich dann also loslege und eigentlich wie immer mit den selben Worten ausdrücke, was mir gefiel oder nicht, möchte ich, ohne zwischendurch zu spoilern, etwas anmerken:
1. Ich bin vor Jahren dieser Lesejury beigetreten und letztens kam eine interessante Diskussion in unserer Runde auf: Ab einem bestimmten Alter fällt auf, dass viele Jugendbücher aus dem selben Gerne (nehmen wir Fantasy als Beispiel) oft den selben Satz Charaktere haben. Anders ausgedrückt: Der Hauptcharakter hat viele ähnliche Eigenschaften, die wichtigen Nebencharaktere ebenfalls UND (und darauf wollte ich eigentlich hinaus), meistens sind alle Charaktere straight.
Was ich damit meine: Ich persönlich kannte den „Fachbegriff“ für diese Gegebenheit bis vor ein paar Wochen noch nicht. Aber ich kannte die Situation.
Mit straight ist gemeint, dass alle Charaktere hetero und weiß – kurz: alle gleich langweilig – sind. Es gibt keine schwarzen Hauptcharaktere, es wird sehr viel Wert auf die Beschreibung der (langweiligen) Charaktere gelegt und das Mädchen steht immer auf den Kerl und der Typ immer auf die Lady.
So.
Warum ich das hier anspreche:
Es ist wirklich Ironie des Schicksals Ich nahm das Buch aus der Bücherei mit, weil es mir einfach schön erschien. Ich fand das Cover super und irgendwie hat mich auch der Klappentext angesprochen. Also eingepackt und durchgelesen. Irgendwie hatte ich mich dann natürlich auf etwas eingestellt. Eben auf dieses straighte Muster an Charakteren. Eine spannenden Story, die vielleicht ins romantische Klischee abrutscht.
Tja. Falsch gedacht. Das Buch war alles andere als straight. Hier der Gegenbegriff: Es war komplett aber sowas von genial von der Charakterdarstellung, denn es war quer.
(Falls ich falsch liege mit der Schreibweise bitte Nachricht oder ein Kommentar dalassen!) Wirklich, eine Vielfalt wie diese lese ich selten und ich hab schon so einiges gelesen. Alles in seiner Vielfalt charakterlich ausgebaut (Ich mag die Charaktere). Es war mir bis zur Hälfte des Buches nicht klar „Wer kommt jetzt mit dem zusammen?“, weil ich kaum glauben wollte, dass diese straight-Schiene tatsächlich verlassen wurde.
Ich war stark positiv beeindruckt.
Und nur, um sie kurz anzusprechen: Hazel war mir zunächst unsympathisch. Irgendwie ging sie mir auf die Nerven. Auf der anderen Seite konnte ich sie sehr stark nachvollziehen in ihren Gefühlen – auch, wenn ich wahrscheinlich nicht ganz so lebensmüde gewesen wäre wie sie. Ben ist ziemlich cool, wenn das ginge, er wäre mein bester Freund auf Lebenszeit. Ich fand ihn einfach erfrischend lustig. Als dann langsam auch die anderen Charaktere mehr in den Fokus der ganzen Story kamen, war ich auch noch ziemlich oft am Überlegen: Freund oder Feind.
Spannung pur, nur allein die Gefühle der Personen zu verfolgen. Vielleicht kamen sie für meinen Geschmack etwas zu kurz, aber eigentlich hätte ich mehr Kitsch an einer oder zwei Stellen auch nicht ertragen, also Daumen hoch.
Außerdem: Ich muss sagen, wenn ich selbst schreibe, bin ich immer eine furchtbare Sadistin. Ich lasse meine Charaktere unglaublich gerne bluten oder ohnmächtig werden. Ich weiß nicht, das bringt so ein bisschen mehr Spannung hinein, als wenn da nur steht: „OMG! Er hat einen Kratzer am Arm aus dem ein Blutstropfen kommt!“
Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber ich persönlich verdrehe dann nur die Augen und denke mir so: OMG, jetzt übertreib‘ mal nicht, das kann dir auch in der Küche beim Karotten schneiden passieren! Ich kann so was echt nicht ausstehen!
2. Aber ich freue mich, dass ich in Holly Black anscheinend eine ähnliche Sadistin gefunden habe! xD Wieso? Lest es nach. Jedenfalls habe ich mich danach umso mehr gefreut, als ich herausfand, dass sie die Schöpferin der „Spiderwicks“ ist! Ich LIEBE diesen Film!
Nun, aber um wieder auf das Thema zurückzukommen. Ich fand das Buch zum Ende hin immer spannender und packender, komme aber nicht umhin zu bemerken, dass es an ziemlich vielen Stellen für mich zwar brutal wirkt, aber in der Umgebung des Elfenwaldes (keine Ahnung wie der heißt, aber ich nenne ihn jetzt mal so) durchaus vorstellbar wäre. Hazels unnatürlicher Mut als kleines Mädchen mit rund 10 Jahren allerdings ist nicht ganz so vorstellbar, aber hey, es diente einem höheren Zweck (dem des Buches!)!
Im Großen und Ganzen fand ich die Geschichte eigentlich echt super. Ich war ziemlich oft genau so verwirrt, wie ich sein sollte, um wissen zu wollen, wie es weitergeht. Das Ende: Krass genial, finde ich jetzt. Ich hatte schon eine gewisse Spur von zynischem Sarkasmus im Epilog herausgelesen. xD
Aber – und jetzt kommt leider ein sehr großer Kritikpunkt, den ich nicht verschweigen kann – der Schreibstil war für meine Augen furchtbar. Ich weiß nicht, wieso genau. Vielleicht zu eintönig, aber das nicht wirklich. Er war nicht packend genug. Dennoch hält die Story einen so am Ball, dass man sich denkt: Was soll’s!
Deshalb, auch, wenn der Kritikpunkt am Ende der Sache steht, nicht davon abhalten lassen, es zu lesen. Es ist auf jeden Fall wert, einfach, weil es in vielerlei Hinsicht so erfrischend wirkt und nicht so mainstream.
Okay, bevor aber ich EUCH jetzt langweile, hier noch die letzten 2 Punkte und meine Bewertung:
Mit Spannung und Charme hat Holly Black Charaktere entwickelt, die sich von den normalen 0-8-15- Charaktersets abheben, die ich heutzutage oft zu lesen bekomme (was nicht heißt, dass ich sie meide oder hasse, sie langweilen mich nur manchmal). Die untypischen Personen und die Gefahr, die ständig präsent zu sein scheint, hielten mich trotz dem relativ schlechten Schreibstil in Atem und ich konnte das Buch irgendwann nicht mehr weglegen. Als mir im Nachhinein auffiel, dass sie eigentlich auch Kritik an den Eltern der zwei Jugendlichen/ Erziehung mancher Menschen allgemein übte…sogar daran hat sie gedacht! Das war echt gut durchdacht…
Außerdem fand ich es einfach genial, dass eine Sache erwähnt wurde.
In dem gesamten Roman ließt Hazel ein einziges Buch und das für 2 Sekunden, weil sie sich nicht konzentrieren kann. Bei der Beschreibung auf Seite 124 hab ich erstmal angefangen zu lachen. Sie beschreibt eines meiner absoluten Lieblingsbücher, anders konnte es gar nicht sein – Feed – Viruszone!
Ich liebe diese Autorin! Findet ihr das alles auch in dem Buch? Was fiel euch noch auf?
Ich bin irgendwie gespannt, ob und was geantwortet wird…
Michelle, 19 Jahre